Anja Dworski über leichte Sprache

Kann leichte Sprache schön sein, Anja Dworski?

Leichte Sprache, einfache Sprache, verständliche Sprache: daran kommt heute in der Sozialen Arbeit keine*r mehr vorbei. Erst recht nicht, wer in sozialen Organisationen für PR oder Marketing zuständig ist. Die Texte in Flyern, Broschüren und auf Websites sollen für jeden verständlich sein. Anja Dworski arbeitet im Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Sachsen. Dort schreibt sie schwierige Sachtexte so um, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten, also mit einer geistigen Behinderung sie verstehen. Sie erzählt:

Anja, du hat deinen „kreativen Job“ für einen „sozialen Job“ aufgegeben. Verbindest du die beiden Welten? Anders gefragt: Kann leichte Sprache auch kreativ, poetisch und inspirierend sein?

Anja Dworski: Wenn es nach mir geht, definitiv ja! Aber ich glaube, mit der Meinung stehe ich ziemlich allein da.Die leichte Sprache hat viele Regeln. Wenn man sich strikt an alle hält, ist mir der Informationsfluss oft zu zäh. Und manche Regeln machen die Sprache einfach unschön. Deshalb hinterfrage ich sie manchmal.

Was sind das für Regeln, die die Sprache „unschön“ machen?

Anja Dworski: Zum Beispiel sollte man in leichter Sprache immer das gleiche Wort für eine Sache benutzen. Also: Wenn ich in einem Text einmal von „Medikament“ rede, dann soll ich das durchgehend tun und nicht mal „Arznei“ und mal „Tablette“ schreiben. Darum sind Texte in leichter Sprache oft nicht sehr abwechslungsreich.

Eine andere Regel ist, dass man den Genitiv möglichst weglassen soll. Ich finde jedoch, man kann ihn mit Fingerspitzengefühl doch einsetzen! Alle meine Texte in leichter Sprache werden von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Genitiv sehr wohl verstanden wird. Wichtig ist, diese typische Amtssprache zu vermeiden: „Der Ausschuss des Wahlkreises des Landkreises hat beschlossen, dass …“ Solche Texte sind schwer zu verstehen.

Wie gehst du vor, wenn du Texte in leichte Sprache übersetzt?

Anja Dworski: Ich unterscheide erstmal zwei Arten von Texten: „schwierige Sachtexte“ und „kreative Texte“. Schwierige Sachtexte kommen zum Beispiel vom Justizministerium. Da ist es meine Aufgabe, die ursprünglichen Texte zu „entschlacken“. Ich gucke also ganz pragmatisch: Was könnte Otto Normalverbraucher an einem Thema wie „Vorsorgevollmachten“ interessieren? Was ist Vorsorge – und was muss ich dafür tun? Spitzfindigkeiten oder juristische Fachbegriffe lasse ich möglichst weg, denn die sind meistens nur für die Autoren der ursprünglichen Texte wichtig. Ich lasse auch alles weg, was man später in einem Beratungsgespräch besser klären kann.

Bei den eher kreativen Texten ist es genau umgekehrt. Hier füge ich manchmal sogar Informationen hinzu, wenn sie im Ausgangstext fehlen. Ein Beispiel: Ich habe für ein Museum Texte über Archäologie am Toten Meer in leichte Sprache übersetzt. Da fand ich es wichtig, hinzuzufügen, warum das Meer tot ist und warum es „Meer“ heißt, obwohl es in Wirklichkeit ein See ist.

Wichtig ist also, den ursprünglichen Sinn des Textes zu bewahren?

Anja Dworski: Genau. Bei einer Ausstellungsbeschreibung geht es darum, neugierig zu machen. Das möchte ich auch in leichte Sprache übersetzen – nicht nur die Fakten.

Ein Tipp für die kreativen oder sinnlichen Texte in leichter Sprache ist es, zu erzählen und beschreiben, was man sieht, anstatt die Hintergründe zu erklären. Das wäre mir auch zu pädagogisch. Also nicht: „Was will der Künstler uns damit sagen?“, denn das ist ja oft in „normaler“ Sprache schon schwer zu erfassen. Sondern die Leser*innen mitzunehmen: „Was sehe ich, wenn ich den Raum betrete? Was passiert dann? Und dann?“ Wie bei einer guten Reportage.

Wie geht es bei dir weiter: Bleibst du bei der leichten Sprache oder lockt dich das kreative Texten?

Anja Dworski: Die Mischung macht es für mich aus. Im Moment gibt es viele Fördergelder für Inklusion und damit auch für leichte Sprache. Wir merken im Büro für Leichte Sprache auch, dass immer mehr Institutionen bei uns Texte in Auftrag geben, die allgemeinverständlich sein sollen. Das ist der Trend, den ich mir wünsche: Dass Texte aus der öffentlichen Hand sich künftig stärker an dem orientieren, was ihre Zielgruppen wirklich brauchen. Wenn der Trend der leichten Sprache das erreicht hat, ist schon viel erreicht!

Anja, du hat deinen „kreativen Job“ für einen „sozialen Job“ aufgegeben. Verbindest du die beiden Welten? Anders gefragt: Kann leichte Sprache auch kreativ, poetisch und inspirierend sein?

Anja Dworski: Wenn es nach mir geht, definitiv ja! Aber ich glaube, mit der Meinung stehe ich ziemlich allein da.Die leichte Sprache hat viele Regeln. Wenn man sich strikt an alle hält, ist mir der Informationsfluss oft zu zäh. Und manche Regeln machen die Sprache einfach unschön. Deshalb hinterfrage ich sie manchmal.

Was sind das für Regeln, die die Sprache »unschön« machen?

Anja Dworski: Zum Beispiel sollte man in leichter Sprache immer das gleiche Wort für eine Sache benutzen. Also: Wenn ich in einem Text einmal von „Medikament“ rede, dann soll ich das durchgehend tun und nicht mal „Arznei“ und mal „Tablette“ schreiben. Darum sind Texte in leichter Sprache oft nicht sehr abwechslungsreich.

Eine andere Regel ist, dass man den Genitiv möglichst weglassen soll. Ich finde jedoch, man kann ihn mit Fingerspitzengefühl doch einsetzen! Alle meine Texte in leichter Sprache werden von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Genitiv sehr wohl verstanden wird. Wichtig ist, diese typische Amtssprache zu vermeiden: „Der Ausschuss des Wahlkreises des Landkreises hat beschlossen, dass …“ Solche Texte sind schwer zu verstehen.

Wie gehst du vor, wenn du Texte in leichte Sprache übersetzt?

Anja Dworski: Ich unterscheide erstmal zwei Arten von Texten: »schwierige Sachtexte« und »kreative Texte«. Schwierige Sachtexte kommen zum Beispiel vom Justizministerium. Da ist es meine Aufgabe, die ursprünglichen Texte zu »entschlacken«. Ich gucke also ganz pragmatisch: Was könnte Otto Normalverbraucher an einem Thema wie »Vorsorgevollmachten« interessieren? Was ist Vorsorge – und was muss ich dafür tun? Spitzfindigkeiten oder juristische Fachbegriffe lasse ich möglichst weg, denn die sind meistens nur für die Autoren der ursprünglichen Texte wichtig. Ich lasse auch alles weg, was man später in einem Beratungsgespräch besser klären kann.

Bei den eher kreativen Texten ist es genau umgekehrt. Hier füge ich manchmal sogar Informationen hinzu, wenn sie im Ausgangstext fehlen. Ein Beispiel: Ich habe für ein Museum Texte über Archäologie am Toten Meer in leichte Sprache übersetzt. Da fand ich es wichtig, hinzuzufügen, warum das Meer tot ist und warum es »Meer« heißt, obwohl es in Wirklichkeit ein See ist.

Wichtig ist also, beim Übersetzen ich leichte Sprache den ursprünglichen Sinn des Textes zu bewahren?

Anja Dworski: Genau. Bei einer Ausstellungsbeschreibung geht es darum, neugierig zu machen. Das möchte ich auch in leichte Sprache übersetzen – nicht nur die Fakten.

Ein Tipp für die kreativen oder sinnlichen Texte in leichter Sprache ist es, zu erzählen und beschreiben, was man sieht, anstatt die Hintergründe zu erklären. Das wäre mir auch zu pädagogisch. Also nicht: »Was will der Künstler uns damit sagen?«, denn das ist ja oft in »normaler« Sprache schon schwer zu erfassen. Sondern die Leser*innen mitzunehmen: »Was sehe ich, wenn ich den Raum betrete? Was passiert dann? Und dann?« Wie bei einer guten Reportage.

Wie geht es bei dir weiter: Bleibst du bei der leichten Sprache oder lockt dich das kreative Texten?

Anja Dworski: Die Mischung macht es für mich aus. Im Moment gibt es viele Fördergelder für Inklusion und damit auch für leichte Sprache. Wir merken im Büro für Leichte Sprache auch, dass immer mehr Institutionen bei uns Texte in Auftrag geben, die allgemeinverständlich sein sollen. Das ist der Trend, den ich mir wünsche: Dass Texte aus der öffentlichen Hand sich künftig stärker an dem orientieren, was ihre Zielgruppen wirklich brauchen. Wenn der Trend der leichten Sprache das erreicht hat, ist schon viel erreicht!

Wie ich Anja kennenlernte

Kennengelernt habe ich Anja bei einer Fortbildung der Hamburg School of Ideas, die Werbetexter*innen aus- und weiterbildet – denn ursprünglich arbeitete sie in der Werbung, so wie ich. Bei dieser Fortbildung beeindruckte uns Anja alle mit einem außergewöhnlichen Text: Es war eine Einladung zur Vernissage einer modernen Künstlerin, die mit Strumpfhosen tanzt. Ein abstraktes Thema, in leichte Sprache übersetzt. Trotzdem war die Ansprache schön und kunstvoll, ganz anders, als man es von leichter Sprache kennt.

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