Slogans entwickeln: Was ich dir nach 10 Jahren als Texterin mitgeben will

Wirksame Slogans und Marketingtexte entstehen nicht einfach so. Sie sind das Ergebnis von kreativen und strategischen Prozessen, die darauf abzielen, die Einzigartigkeit von Organisationen oder Marken in Worte und Sprachbilder zu übersetzen. Mein Job als Texterin ist, im Blick zu haben, dass diese Botschaften klar und konsistent sind. Hier zeige ich dir am Beispiel eines Kosmetikateliers, wie ich mit einer Kundin neue Kernbotschaften und Slogans entwickelte.

Mit dem Bauch denken

Phase 1 der Slogan-Entwicklung: eintauchen

Unsere Zusammenarbeit begann mit einem telefonischen Interview. Gespräche sind für mich wichtig, weil ich dabei in die Welt und in die Sprache meiner Kund*innen eintauche. Durch das Erzählen entsteht eine emotionale Verbundenheit. Beim Zuhören erlebe ich mit, was eine Markenpersönlichkeit im Kern ausmacht. Es geht nicht nur darum, Informationen zu sammeln, sondern vielmehr um das, was zwischen den Zeilen liegt.

Viele Ideen für Slogans stammen von den Kund*innen selbst. Nur merken sie oft selbst nicht, wie reich sie an Botschaften und Geschichten sind. Das habe ich schon von vielen anderen Kreativen gehört. Unsere Aufgabe liegt im aufmerksamen Zuhören, Sortieren, Erkennen der verborgenen Nuancen und der Geschichten, die eine Marke authentisch und einzigartig machen.

Das sind Beispiele für Fragen, die du in diesem Schritt der Slogan-Entwicklung verwenden kannst:

  • Was erzählst du Freunden über deine Arbeit?
  • Was siehst du mit deinem professionellen Blick, was andere Menschen nicht sehen?
  • Wie fühlt sich deine Zielgruppe, wenn sie von dir beraten wurde?

Geschichten entwerfen

Phase 2 der Slogan-Entwicklung: lostexten

Mit den Erkenntnissen aus meiner Analyse entwickelte ich nun erste Textbausteine und Vorschläge für Slogans. Hier floss meine kreative Interpretation dessen ein, was ich herausgehört hatte. Die Kundin hatte in dem ersten Telefonat viel darüber gesprochen, dass sie im Alltag oft Menschen sehe, die sich selbst nicht darüber bewusst zu sein schienen, wie sie ihren Hauttyp pflegen und ihre charakteristischen Schönheitsmerkmale betonen könnten. Dann würde sie am liebsten mit wenigen kosmetischen Handgriffen aktiv werden.

Die ersten Slogan-Vorschläge lauteten:

Schönheit heißt, dich selbst erkennen
Selbstvertrauen, strahlend wie deine Haut

Die Idee dahinter: Eine Marke, die die Selbstakzeptanz ihrer Kund*innen fördert. Natürliche Schönheit liegt nicht in makellosen Oberflächen, sondern in dem, was uns einzigartig macht. Mit ihrem professionellen Know-how tragen die Kosmetiker*innen dazu bei, das zu erkennen und hervorzuheben. Dabei verbinden sie das Wissenschaftliche mit dem Wohlgefühl. Im Zentrum der Kommunikation steht die persönliche Verbindung zwischen Kundin und Atelier. Der (emotionale) Nutzen liegt in einem gesteigerten Selbstbewusstsein durch ein gutes Hautgefühl, Schutz, Nahrung und Regeneration für die Haut.

Wow, das bin ich! Dein Selbstbewusstsein trägst du auf der Haut. Schönheit zeigt sich nicht in makellosen Oberflächen, sondern in dem, was dich einzigartig macht. Und das sieht ein geschultes Kosmetikerinnen-Auge, sobald du unser Atelier XXX betrittst. Professionelle Kosmetik verbindet sinnvoll angewandte Technologien mit klassischen Methoden. Hightech und Natürlichkeit? Gehören zusammen. Wir wählen Behandlungsformen speziell für dich aus, um deine Haut zu schützen, nähren und regenerieren. Medizinisches Know-how verbinden wir mit dem Angenehmen und Schönen. Ein Peeling belebt, eine Gesichtsmassage entspannt. Komm erstmal an.

Feedback als Treibstoff nutzen

Phase 3 der Slogan-Entwicklung: rückkoppeln

Die ersten Slogans waren der Kundin und ihrem Team noch zu abstrakt und künstlerisch. Ihr Wunsch war, mehr Expertise und fachliche Fundierung zu zeigen – auch als Alleinstellungsmerkmal gegenüber TikTok- und YouTuber*innen, die Do-it-Yourself-Kosmetik verbreiten. Ziel war nun, den wissenschaftlichen Charakter der professionellen Kosmetik stärker hervorzuheben. Außerdem wünschte sich das Team weniger konkrete Beschreibungen und Adjektive – wie »jung«, »rein«, »strahlend« –, da diese nicht auf alle ihre Kund*innen zutreffen, also ausschließend wirken könnten.

Aus diesem Feedback ergaben sich neue Slogan-Ideen:

Präzise Pflege, persönliche Power
Kein Geheimnis, nur Meisterhand

Konkretisierte Ideen für die Positionierung: Die Marke betont, dass Hautbehandlungen keine schnellen Lösungen sind, sondern die Hautgesundheit nachhaltig fördern. Die Kommunikation dreht sich darum, dass das Atelier für jede Kund*innen präzise Pflegekonzepte ausarbeitet und sie auch darin schult, ihre Pflegeroutine zu Hause daran anzupassen. Der emotionale Nutzen der Zielgruppe liegt in dem Gefühl von Kontrolle und Lösungsorientierung durch die professionelle Beratung und Anleitung. Auch in dieser Markengeschichte zeigt sich Wertschätzung für die individuelle Ausstrahlung jeder einzelnen Kundin, die durch professionelle Kosmetik zur Geltung kommt.

Textbausteine und Geschichten dazu:

Hautbehandlungen sind keine schnelle Lösung. Wir fördern deine Hautgesundheit nachhaltig – mit einer sinnvoll ausgearbeiteten Pflegeroutine, die wir Schritt für Schritt für dich erarbeiten. Hoch intensive Wirkstoffe passen wir individuell an dich an. Und begleiten dich weiter: Ruf uns gern jederzeit an! Wenn du zu Hause dranbleibst, merkst du: Deine Haut kann dich zur Geltung bringen, wenn wir sie gut pflegen. Von innen strahlen ist kein Geheimnis. Nur Wissenschaft, gepaart mit Meisterhand.

Auf den Punkt kommen

Phase 4 der Slogan-Entwicklung: strategische Entscheidungen treffen


Im Laufe des Prozesses habe ich noch weitere Slogans entwickelt …

  • Kein Wunder, nur Wirkung
  • Wissen, wie du deine Hautgesundheit erreichst
  • Gute Gene? Wir setzen auf Fachwissen
  • Deine Haut beleben, entspannen, schützen
  • Deine Hautpflege, neu gedacht
  • Hautpflege-Routine, reloaded
  • Gesunde Haut braucht präzise Pflege

… und Textbausteine entworfen:

Hast du das Gefühl, dass deine Haut nicht so ist, wie du sie gern hättest? Du hast schon viele Tipps und Produkte ausprobiert, aber nichts davon passt richtig zu dir? Stehst du manchmal vor dem Spiegel und weißt nicht, wo du ansetzen sollst, um dein Hautbild zu verbessern? Im Atelier XXX wählen wir kosmetische und medizinische Behandlungsformen, die speziell deine Haut schützen, nähren und regenerieren. Unser wissenschaftliches Know-how verbinden wir mit dem Angenehmen und Schönen. Ein Peeling belebt, eine Gesichtsmassage entspannt. Komm erstmal an.

Meiner Kundin fiel es schwer, sich für einen Slogan zu entscheiden. Mit zunehmender Fülle an möglichen Slogans wurde sie unsicher und begann, immer neue Websites von anderen Kosmetikstudios oder Marken zu recherchieren, die ihr gefielen; »Könnte man es nicht auch so machen?« Umso wichtiger war nun, strategische Fragen stärker in den Blick zu holen. Denn es geht bei der Entwicklung eines Slogans nicht (nur) darum, gut zu klingen oder im Vergleich mit der Konkurrenz nicht »falsch« zu machen – sondern die eigene Marke so sprechen zu lassen, dass sie Gefühle und Gedanken hervorruft, die die Zielgruppe klar einordnen kann.

Hilfreich finde ich zwei Konzepte:

Slogans entwickeln – am Beispiel eines Kosmetikstudios

Die Limbic@ Map von Hans Georg Häusel ist eine Methode, um Persönlichkeitstypen und ihre emotionalen Reaktionen zu visualisieren. Sie unterteilt Menschen in verschiedene Zielgruppen basierend auf emotionalen Bedürfnissen und Wertvorstellungen. Dabei gibt es drei Ausrichtungen: Streben nach Dominanz – z.B. Leistung, Effizienz, Autonomie, Stolz –, Streben nach Stimulanz – z.B. Kreativität, Neugier, Genuss, Spaß – und Streben nach Balance – z.B. Sicherheit, Qualität, Vertrauen, Freundschaft.

Die Limbic@ Map hilft, sich selbst einzuordnen: Was ist mir wichtig, wofür stehe ich? Und auch die Zielgruppe, die angesprochen werden soll. Das Feedback meiner Kundin hatte gezeigt, dass sie sich nicht in der »weichen«, eher weiblichen, linken Hälfte positionieren möchte, sondern ihren Status als professionelle Kosmetikerin zeigen und sich damit von der Konkurrenz absetzen. Und was suchen die (möglichen) Besucher*innen ihres Ateliers?

Das Markenrad von Peter Masciadri und Dirk Zupancic unterstützt konsistente Kommunikation. Es stellt vier Fragen:
  1. »Wer bin ich?« Daraus ergibt sich eine Vision, an der sich das Handeln der Menschen in der Organisation ausrichten kann. Sie wirkt nach innen.
  2. »Wie bin ich?« Daraus ergeben sich Stil, Tonalität und Kernbotschaften. Hier geht es um das Zusammenspiel mit der Öffentlichkeit: Wie ich bin, wird durch die Erfahrungen meiner Zielgruppen belegbar oder widerlegbar.
  3. »Wie trete ich auf?« Design, Fotografie, Slogans oder erzählte Geschichten untermauern das Bild, das ich vermitteln möchte.
  4. »Was biete ich an?« zielt auch auf den emotionalen Nutzen ab, den Zielgruppen haben, wenn sie mein Angebot in Anspruch nehmen.

Konsistente Kommunikation heißt: Die Antworten auf diese vier Fragen bauen aufeinander auf. So werden Botschaften in allen Kommunikationskanälen und Berührungspunkten einheitlich vermittelt. Es geht darum, Verwirrung zu vermeiden und das Vertrauen der Zielgruppe zu stärken. Aus der Markenforschung ist bekannt, dass unklare Botschaften negative Gefühle auslösen; während ich Marken, die meine Bedürfnisse zum aktuellen Zeitpunkt nicht erfüllen, einfach meide. Zudem hilft eine klare Struktur dir, Unnötiges in der Kommunikation wegzulassen, Überarbeitungen und Anpassungen zu reduzieren und sich auf das zu konzentrieren, was am wahrscheinlichsten zum Erfolg beiträgt.

In der Praxis steht natürlich oft ein Angebot, bevor die Kommunikation – also Vision, Botschaften, Design – entwickelt werden. So auch bei meiner Kundin. Das muss aber kein Hindernis sein, die Kommunikation einmal vom Kern, vom Inneren heraus zu durchdenken.

Sich trauen

Fünfte Phase der Slogan-Entwicklung: Selbstbewusstsein entwickeln


Für welchen Slogan hat sich meine Kundin entschieden? Bis jetzt für keinen! Auf ihrer Website begrüßt sie die Besucher*innen immer noch mit »Herzlich willkommen in unserem Atelier!«. Doch es arbeitet in ihr. Und das ist völlig okay. Manchmal ist das Ergebnis einer Slogan-Entwicklung gar kein Slogan. Das erlebe ich hin und wieder – gerade bei kleinen Unternehmen, deren Alltagsgeschäft stark von der geschäftsführenden Person abhängig sind, die wenig Zeit haben, um sich auf einen iterativen Prozess einzulassen.

Hinzu kommt die Unsicherheit. Neue Texte wirken oft erstmal komisch, besonders, wenn sich die Tonalität stark vom Bisherigen unterscheidet. Kennst du das Phänomen der »semantischen Sättigung«? Wenn du ein bekanntes Wort ganz oft wiederholst, klingt es plötzlich fremd. Die Psycholinguistik führt als Grund heran, dass das ständige Wiederholen eines Wortes im Gehirn die Neuronen überstimuliert, die ihm Sinn geben. So entsteht Chaos im Kopf. Hier zögern manche Menschen, weil sie nichts falsch machen wollen und neu bedruckte Werbemittel schließlich Geld kosten.

Mein Rat: Kehre hier zum Bauch zurück – und lass dich nicht vom Kopf ausbremsen. Probier den neuen Slogan auf der Website aus. Das vermeidet Druckkosten. Manchmal muss eine Marke in einen Text hineinwachsen. Mit der Zeit werden die neuen Slogans oder Botschaften vertrauter klingen und bald nicht mehr wegzudenken sein.

Wiederholen

Sechste Phase der Slogan-Entwicklung: dranbleiben

Ein Slogan muss gelebt werden. Es reicht nicht, ihn zu haben. Effektives Marketing stellt sicher, dass die Zielgruppen verstehen, was dahinter steckt – es spüren, erleben und in eigenen Worten weitererzählen können. Deshalb ist wichtig, immer wieder zu hinterfragen: Stimmen unsere Botschaften noch? Bauen sie aufeinander auf? Tragen wir die richtigen Argumente und Geschichten in die Welt? Und die Kernbotschaften immer wieder aufzugreifen, zu wiederholen. Nur so wirst du erinnert. Einmal sagen reicht in der Info-Überschuss-Gesellschaft nicht mehr aus.

Rebekka Sommer

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