Oma Betty

2024-07-29T21:16:58+02:00

Oma Betty. Eine Erinnerung.  Vor fast zwei Jahren schrieb ich für die Zeitschrift Publik Forum ein »Sozialprotokoll« über meine Oma. In diesem Format kommen Menschen selbst zu Wort, die etwas Besonderes erlebt haben. Meine Oma floh nach dem Zweiten Weltkriege vor den russischen Soldaten und kam so von Pommern nach Süddeutschland – diese Geschichte habe ich oft gehört. Später hatte sie in ihrem Haus vier Mieter, die aus Syrien geflüchtet waren. Mit ihnen hatte sie viel gemeinsam. Die Liebe zum Gemüsegarten, zum Beispiel. Vor wenigen Tagen ist meine Oma gestorben. Eine Erinnerung: Oma Betty erzählt: »Man weiß im Leben nie, wie’s weiter geht. Wenn ich aus meinem Küchenfenster auf den Hof schaue, hat sich viel verändert. Da hinten steht noch der alte Brunnentrog von damals, als wir einzogen. Aber der Kirschbaum ist weg, und auch die Hasenställe. Viele Pflastersteine auf dem Hof habe ich im Lauf der Jahre selbst gesetzt. Vor zwanzig Jahren kam mir mitten in der Nacht die Idee, hinten am Haus anzubauen. Heute vermiete ich drei Wohnungen. Dass alle meine Mieter aus Syrien geflüchtet sind, ist eigentlich ein Zufall. Und irgendwie auch nicht. Dieser Hass gegenüber Flüchtlingen, den habe ich auch erlebt. Besonders hart war’s bei uns in Mecklenburg, wo wir nach unserer Ausweisung aus Pommern nach dem Krieg bei einem Bauern einquartiert wurden. Er ließ uns nicht einmal in seine Küche, obwohl er Deutscher war wie wir. Wir mussten unsere Kartoffeln im Zimmer im Heizofen backen. Wir wohnten zu fünft auf zwölf Quadratmetern: Mutti, meine drei kleinen Geschwister und ich. Meine großen Schwestern waren weg in den Westen. Vati war in polnischer Gefangenschaft, seit uns bei unserer ersten Flucht vor der Front die Russen eingeholt hatten. Unser russischer Zwangsarbeiter, der Alex, hatte sich dafür eingesetzt, dass er nicht erschossen wurde. Wir Kinder haben Alex geliebt und mit ihm herumgetobt, als wir noch auf unserem Bauernhof in Antonswalde lebten. Zwei meiner Mieter hatten auch Landwirtschaft in Syrien. Einer von ihnen pflanzt im Gemüsegarten Mini-Auberginen an, die Samen hat er aus der Heimat. Der kleine Junge, der jetzt über mir wohnt, ruft »Oma, Oma«, wenn er mich sieht. Kürzlich war er mit seiner Familie wochenlang verreist. Sie haben die Großeltern besucht, die in einem Nachbarland von Syrien leben. Ich habe mir Sorgen gemacht, weil sie so lange nicht zurückkamen. Die Mutter des jungen Studenten, der bei mir im Dachgeschoss wohnt, kenne ich. Sie lebt in Offenburg. So wie wir damals, als wir endlich die Genehmigung bekommen hatten, nach Süddeutschland zu ziehen. Das war im Jahr 1952. Ich war 19 Jahre alt und hatte ich mich wieder erholt von den Krankheiten der Reise: Gelbfieber, Rippenfell-, Lungen- und Hirnhautentzündung. Wir waren vier Tage lang in einem Kohlewaggon transportiert worden und ich streckte unterwegs immer den Kopf hinaus, weil ich in dem staubigen Wagen kaum Luft bekam. Durch den Luftzug muss ich mir die Krankheiten eingefangen haben. Auch die schlimmen Bilder im Kopf waren schwächer geworden. Ich

Oma Betty2024-07-29T21:16:58+02:00

Cartoons für die Soziale Arbeit

2023-12-29T17:28:29+01:00

Herr Gaymann, haben Sie sich darauf spezialisiert, Cartoons zu »sozialen Themen« und sozialer Ungleichheit zu zeichnen? Peter Gaymann: Als »Spezialität« würde ich es jetzt nicht bezeichnen. Bei mir geht immer es um Alltäglichkeiten, um menschliche Abgründe und kleine Widersprüche. Also Dinge, die zutiefst menschlich sind, ob ich nun über Yoga-Hühner spreche oder über Weintrinker. Daraus entwickeln sich aber oft Zeichnungen, die sich stark im sozialen Bereich bewegen. Wenn sich zwei Hühner über Rollenverteilung unterhalten, ist das ja auch ein soziales Thema. Deshalb werden meine Zeichnungen oft für soziale Projekte verwendet – weil sie einfach dazu passen. Die Stadt Waldkirch, in der ich lebe, hat bannergrosse Cartoons von Ihnen für ein Inklusionsprojekt eingesetzt. Hier war ein wichtiger Tunnel den ganzen Sommer* über gesperrt, so dass der Verkehr durch die Stadt geleitet wurde. Während der Zeit dieses Dauerstaus hingen über die Stadt verteilt Zeichnungen, die die gestressten Autofahrer zum Nachdenken anregen sollten. Da flitzt dann zum Beispiel einer mit dem Rollstuhl am Stau vorbei und sagt: „Na, wer ist hier eigentlich behindert?“ Gab es diese Cartoons schon oder haben Sie sie extra für dieses Projekt gezeichnet? In dem Fall war es tatsächlich ein direkter Auftrag an mich, Behinderung zu thematisieren. Speziell in Bezug auf die Situation in Waldkirch, mit diesem langen Stau – der hat die Autofahrer*innen einen Sommer lang ziemlich behindert. Dass ich dort als Zeichner engagiert wurde, hat sich daraus ergeben, dass der Freiburger Gerontologe Thomas Klie dieses Inklusionsprojekt wissenschaftlich begleitete. Er hat mich vor einigen Jahren schon auf die Idee gebracht, das Thema Demenz zu bearbeiten. Daraus ist dann der Demensch-Kalender entstanden, den wir gerade in einer dritten Version herausbringen. *Anmerkung: Das Interview stammt aus dem Jahr 2015 Sie haben in Freiburg Sozialpädagogik studiert. Schlummert in Ihnen immer noch ein Sozialarbeiter? Ich habe nur kurz als Sozialpädagoge gearbeitet und hatte damals schon einen Schwerpunkt in der kreativen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dann bin ich schnell in die freie Künstlerszene hineingerutscht. Aber es ist so: bestimmte Themen holen einen immer wieder ein. Man muss zwar nicht Sozialpädagogik studiert haben, um emphatisch und mitfühlend zu sein. Aber ich interessiere mich für Menschliches und sehe diese Dinge vermutlich schneller, als andere. Deshalb ist das, was ich mache, vielleicht auch Sozialarbeit – nur eben in anderer Form. Wenn Sie für Soziale Projekte arbeiten, worin sehen Sie dann Ihren Auftrag? Geht es darum, Spenden zu werben? Oder um Sozialkritik? Ich helfe einfach gern. So muss man das sehen. Ich bin nicht der, der sagt: Ich will hier die Politik verändern. In erster Linie sehe ich mich als Zeichner und Humoristen. Natürlich will ich wissen, wer meine Zeichnungen wofür verwendet. Da gibt es alles, vom Kirchenblättchen bis zu den Hochglanz-Zeitschriften. Ich verdiene ja auch mein tägliches Geld damit und verschenke meine Bilder nicht nur aus sozialem Engagement. Für den Bundesverband der Kinderhospize trete ich als Botschafter auf. Aber man muss sich bündeln. Die Häuser und Verbände aus dem sozialen Bereich, die meine Cartoons kaufen, machen damit meistens Ausstellungen und

Cartoons für die Soziale Arbeit2023-12-29T17:28:29+01:00

Was macht dich glücklich als Onlinetexter, Benjamin O’Daniel?

2023-11-19T14:30:45+01:00

»Ich bin Deutsch-Deutsch-Übersetzer« »Als Texter trägst doch irgendwie zur Verständigung der Menschheit bei«, sagt mal ein Kollege zu mir. Das hat mich zu einer Umfrage inspiriert: Warum texten Texter? Was macht sie glücklich an ihrem Job? Folge 3: Benjamin O'Daniel vom Content Performance Podcast. Benjamin, was macht dich glücklich als Onlinetexter? Benjamin O’Daniel: Ich sage immer, ich bin Deutsch-Deutsch-Übersetzer. Denn ich übersetze häufig Fachsprache in eine Sprache, die jeder auf den ersten Blick versteht. Häufig sind die User, die auf eine Website kommen nicht unbedingt die Experten. Wir arbeiten mit vielen B2B-Unternehmen zusammen. Ein Ingenieur spricht eine andere Sprache als ein Geschäftsführer oder eine Person aus dem Einkauf. Jeder will ganz andere Dinge wissen. Aber alle wollen die Informationen schnell und einfach aufnehmen. Dafür muss Content klar strukturiert und gut geschrieben sein. Für mich gibt es nichts Besseres, als frühmorgens zwei, drei Stunden konzentriert an einem Text zu arbeiten. Das macht mich zufrieden. Und wenn dann noch eine gute Reaktion kommt, ist es noch besser – denn das gehört dazu! Das Schöne im Online-Bereich ist: Content-Qualität ist messbar. Über das Google-Ranking, die Conversions, die Verweildauer und weitere Metriken. Texten ist für mich keine Kunst, sondern ein Handwerk. Angefangen habe ich ganz klassisch, als Praktikant in einer Lokalredaktion. Ich war 19 Jahre alt und hatte gerade den Zivildienst beendet. Ich habe die typischen lokalen Themen bearbeitet: Kirmes, Karneval, Kommunalpolitik. Später habe ich für die Ressorts Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gearbeitet und dann bei der gleichen Zeitung mein Volontariat absolviert. Ich war der erste Volontär dort, der eine Station in der Online-Redaktion absolviert hat. Anschließend bekam ich eine Redakteursstelle angeboten, entschied mich aber dazu, mich selbständig zu machen. Ich bin in die Onlinewelt eingetaucht, habe unter anderem bei einem Fachverlag eine Online-Redaktion aufgebaut und als Zweitstudium noch Onlinemarketing-Management studiert. Ich bin in zwei Welten zu Hause: Im Content und im Online Marketing. Heute ist das ja eine eigene Disziplin, Content Marketing. Vor fünf Jahren habe ich mich mit Fabian Jaeckert zusammengetan, den ich bereits aus dem Studium kenne. Wir zwei sind ein gutes Gespann: Er ist der „Tekkie“ von uns beiden, kennt sich in Tools und Werbesystemen aus. Als Suchmaschinenoptimierer und Webentwickler schaut er durch eine technische Brille auf jedes Projekt. Das zeigt sich zum Beispiel beim Messen von Content-Qualität. Dafür muss man sich mit verschiedenen Tools, mit Webanalyse tief auseinandersetzen. Ich als Texter habe einen sehr starken Fokus auf die User und entwickle ein Verständnis für die Kunden, die die Website besuchen. In der Suchmaschinenoptimierung geht es aus unserer Sicht darum, richtig guten Content für Besucher und Suchmaschinen zu erstellen. Wir nennen das High Performance Content. Das bedeutet für mich als Texter: sich in Keywords einzufühlen. Wie ist die Suchintention? Was wollen die Menschen erfahren? Welcher Stil, welches Format passt dazu? Wie argumentieren wir auf einer Website? In unserem Content Performance Podcast diskutieren wir regelmäßig diese beiden Blickwinkel. Denn es ist essenziell bei Webprojekten, dass man sie

Was macht dich glücklich als Onlinetexter, Benjamin O’Daniel?2023-11-19T14:30:45+01:00

Alle reden über Purpose, nur die Soziale Arbeit nicht

2023-11-19T09:32:21+01:00

Alle reden über Purpose, nur die Soziale Arbeit nicht 2019 war das Zeitalter der Sinnsuche ausgebrochen. Agenturen, Marketingleute, Startups, Traditionsunternehmen: plötzlich redeten alle über »Purpose«, den tieferen Sinn, dem Unternehmen folgen (sollen). Die Zeitschrift »Werben & Verkaufen« meldete die Gründung mehrerer »Purpose-Agenturen«. Und immer mehr Unternehmen verpflichten sich dem »Verantwortungseigentum« und machen sich unverkäuflich, um ihren Ursprungsgedanken nicht des Geldes Willen zu verlieren. Doch ein kleines gallisches Dorf widersetzt sich tapfer allen Sinnsuche-Buzzwords und schreibt sich »Purpose« nicht in dicken Lettern auf die Fahnen: die Soziale Arbeit. Und das, obwohl Sinnstiftung und menschliche Werte in ihrer DNA fest eingeschrieben sind. Hendrik Epe bloggt seit Jahren darüber, wie sich die Soziale Arbeit als Profession und soziale Organisationen als Arbeitgeber zeitgemäß verändern können, ohne ihre Kernwerte zu verlieren. Wir haben uns über »Purpose« in der Sozialen Arbeit unterhalten: Im Schatten der BWL-Logik Hendrik, du hast Soziale Arbeit studiert, bloggst aber über »New Work«, »digitale Transformation« und »Purpose«. Das sind Begriffe, die ich der Sozialen Arbeit gar nicht zuordnen würde, sondern eher der hippen Startup-Szene. Wie kommt es dazu, dass du diese beiden Welten verbindest? Hendrik Epe: Ich habe nach meinem Studium einige Zeit in der Jugendhilfe gearbeitet und dann zehn Jahre lang an Hochschulen Qualitätsicherung gemacht. Dabei stellte ich fest, dass „Qualitätssicherung“ wenig mit wirklicher Qualität zu tun hat, sondern dass es eigentlich nur darum geht, die Anforderungen der Zertifizierer zu erfüllen. Dann begann ich einen Masterstudiengang Sozialmanagement. Und plötzlich war ich damit beschäftigt, klassisch betriebswirtschaftliche Modelle auf soziale Organisationen zu übertragen. Wieder ging es um Qualitätsmanagement, Prozesskostenrechnung, Controlling und so weiter. Und irgendwann wurde in mir der Gedanke immer stärker: „Das kann doch alles keine gute Idee sein.“ Was hat dich daran gestört? Meine Vorstellung von Sozialer Arbeit war immer menschenzentriert, an den Bedarfen des Klientels orientiert. Aus Sicht des Sozialmanagements erschien Geld aber nicht mehr als Mittel zum Zweck, sondern als eigentlicher Zweck. In den Modellen, die uns da vermittelt wurden, ging es primär darum, Mittel zu generieren, auf die Finanzen zu gucken. Also hast du dich nach alternativen Theorien umgeschaut? Genau, ich fing an, mich mit alternativen Organisationslogiken zu beschäftigen. So bin ich unter anderem auf den ehemaligen Unternehmensberater und McKinsey-Partner Frédéric Laloux gestoßen, der in seinem inzwischen berühmten Buch “Reinventing Organisations” beschreibt, wie sinnstiftende Arbeit aussehen kann. All das, was Frédéric Laloux beschreibt, findet man inzwischen in den häufig als „neu“ bezeichneten alternativen Organisationsszenen. Dazu gehört die Arbeitskultur vieler Startups, der Versuch, „agiler“ zu werden undsoweiter. Das Ganze firmiert unter dem Themenkomplex „New Work“, obwohl der Soziologe Friethjof Bergmann, der den Begriff New Work bereits in den 1980er-Jahren geprägt hat, etwas völlig anderes gemeint hat als Organisationsentwicklung. Und auch viele etablierte, große Unternehmen setzen ja immer stärker darauf, den Wertekanon in ihrem Inneren transparent zu machen oder sich nach alternativen Prinzipien zu organisieren. Zum Beispiel? Ein bekanntes Beispiel ist die Drogerie-Kette dm, wo jede Filiale so selbstorganisiert ist, dass

Alle reden über Purpose, nur die Soziale Arbeit nicht2023-11-19T09:32:21+01:00

Was macht dich glücklich als Texterin, Tamara Niebler?

2023-11-19T14:29:21+01:00

Tamara Niebler, freiberufliche Texterin aus München. »Ich will den Menschen zeigen, was Text wert ist« „Als Texter trägst doch irgendwie zur Verständigung der Menschheit bei“, sagt mal ein Kollege zu mir. Das hat mich zu einer Umfrage inspiriert: Warum texten Texter? Was macht sie glücklich an ihrem Job? Folge 2: Tamara Niebler aus München. Was macht dich glücklich an deinem Job als freiberufliche Texterin, Tamara? Tamara Niebler: Für mich war Schreiben immer der Traum. Ich schreibe schon, seit ich klein bin. In der Schulzeit habe ich Kurzgeschichten veröffentlicht. Von daher bin ich wohl recht idealistisch eingestellt, was das Texten angeht. Und ich finde, das kann man sich erlauben. Auch in dieser Welt! Auf meiner Website habe ich ja schon relativ offen darüber geschrieben, dass ich vor eineinhalb Jahren an Burnout erkrankt war und von der Agentur gefeuert wurde, in der ich damals arbeitete. Der normale Arbeitsalltag, mit 40 Stunden pro Woche, in der du wie am Fließband durcharbeitest – darin habe ich mich völlig verloren. Damit bin ich nicht allein: laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) gibt es über 18 Millionen Betroffene in Deutschland, die psychisch erkrankt sind. Und die Zahlen steigen … Diese Krise hat mir damals gezeigt, wie schwer sich der eigene Anspruch an Qualität in einer Leistungsgesellschaft verwirklichen lässt, bei der es immer schneller, höher und weiter gehen muss … Aus dem Hamsterrad kommt man nur heraus, wenn man für sich etwas wagt – und das lohnt sich. Ja, ich bin glücklich als freieTexterin! Die Selbständigkeit war für mich ein Riesendurchbruch. Voraussetzung ist, dass du weißt, was deine Arbeit eigentlich wert ist und was du kannst. Dabei hat mir der Austausch mit einer erfahrenen, selbständigen Texterin sehr geholfen. Und das will ich jetzt weitergeben: Ich bin zwar kein Mitglied in Texter-Vereinen und gehe auch nicht politisch auf die Barrikaden, aber ich blogge zum Beispiel darüber, wie man guten, hochwertigen Content schreibt, der einzigartig ist, kein Werbe-Bla-Bla. Das ist mir persönlich wichtig. Denn jeder Online-Journalist – ob er sich nun Texter, Redakteur, Reporter oder Content Manager nennt – prägt unser gesamtes Berufsbild mit. Ich will den Leuten zeigen, was Text wert ist – Kollegen, aber natürlich auch Kunden. Und weil ich das auf meiner Website beweise, arbeite ich heute genau mit den Leuten zusammen, mit denen ich gut und gerne kommuniziere, die wissen, was meine Arbeit wert ist. So kann ich mir heute die Freiheit nehmen, auch mal einen ganzen Tag lang an einem Text zu arbeiten, mich einzuarbeiten, statt alles auf Stunden herunterzubrechen. Das ist es, was mich am Texten erfüllt. Was macht dich glücklich an deinem Job als freiberufliche Texterin, Tamara? Tamara Niebler: Für mich war Schreiben immer der Traum. Ich schreibe schon, seit ich klein bin. In der Schulzeit habe ich Kurzgeschichten veröffentlicht. Von daher bin ich wohl recht idealistisch eingestellt, was das Texten angeht. Und ich

Was macht dich glücklich als Texterin, Tamara Niebler?2023-11-19T14:29:21+01:00

Cartoons für die Soziale Arbeit

2023-12-29T17:26:10+01:00

Herr Gaymann, haben Sie sich darauf spezialisiert, Cartoons zu »sozialen Themen« und sozialer Ungleichheit zu zeichnen? Peter Gaymann: Als »Spezialität« würde ich es jetzt nicht bezeichnen. Bei mir geht immer es um Alltäglichkeiten, um menschliche Abgründe und kleine Widersprüche. Also Dinge, die zutiefst menschlich sind, ob ich nun über Yoga-Hühner spreche oder über Weintrinker. Daraus entwickeln sich aber oft Zeichnungen, die sich stark im sozialen Bereich bewegen. Wenn sich zwei Hühner über Rollenverteilung unterhalten, ist das ja auch ein soziales Thema. Deshalb werden meine Zeichnungen oft für soziale Projekte verwendet – weil sie einfach dazu passen. Die Stadt Waldkirch, in der ich lebe, hat bannergrosse Cartoons von Ihnen für ein Inklusionsprojekt eingesetzt. Hier war ein wichtiger Tunnel den ganzen Sommer* über gesperrt, so dass der Verkehr durch die Stadt geleitet wurde. Während der Zeit dieses Dauerstaus hingen über die Stadt verteilt Zeichnungen, die die gestressten Autofahrer zum Nachdenken anregen sollten. Da flitzt dann zum Beispiel einer mit dem Rollstuhl am Stau vorbei und sagt: „Na, wer ist hier eigentlich behindert?“ Gab es diese Cartoons schon oder haben Sie sie extra für dieses Projekt gezeichnet? In dem Fall war es tatsächlich ein direkter Auftrag an mich, Behinderung zu thematisieren. Speziell in Bezug auf die Situation in Waldkirch, mit diesem langen Stau – der hat die Autofahrer*innen einen Sommer lang ziemlich behindert. Dass ich dort als Zeichner engagiert wurde, hat sich daraus ergeben, dass der Freiburger Gerontologe Thomas Klie dieses Inklusionsprojekt wissenschaftlich begleitete. Er hat mich vor einigen Jahren schon auf die Idee gebracht, das Thema Demenz zu bearbeiten. Daraus ist dann der Demensch-Kalender entstanden, den wir gerade in einer dritten Version herausbringen. *Anmerkung: Das Interview stammt aus dem Jahr 2015 Sie haben in Freiburg Sozialpädagogik studiert. Schlummert in Ihnen immer noch ein Sozialarbeiter? Ich habe nur kurz als Sozialpädagoge gearbeitet und hatte damals schon einen Schwerpunkt in der kreativen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dann bin ich schnell in die freie Künstlerszene hineingerutscht. Aber es ist so: bestimmte Themen holen einen immer wieder ein. Man muss zwar nicht Sozialpädagogik studiert haben, um emphatisch und mitfühlend zu sein. Aber ich interessiere mich für Menschliches und sehe diese Dinge vermutlich schneller, als andere. Deshalb ist das, was ich mache, vielleicht auch Sozialarbeit – nur eben in anderer Form. Wenn Sie für Soziale Projekte arbeiten, worin sehen Sie dann Ihren Auftrag? Geht es darum, Spenden zu werben? Oder um Sozialkritik? Ich helfe einfach gern. So muss man das sehen. Ich bin nicht der, der sagt: Ich will hier die Politik verändern. In erster Linie sehe ich mich als Zeichner und Humoristen. Natürlich will ich wissen, wer meine Zeichnungen wofür verwendet. Da gibt es alles, vom Kirchenblättchen bis zu den Hochglanz-Zeitschriften. Ich verdiene ja auch mein tägliches Geld damit und verschenke meine Bilder nicht nur aus sozialem Engagement. Für den Bundesverband der Kinderhospize trete ich als Botschafter auf. Aber man muss sich bündeln. Die Häuser und Verbände aus dem sozialen Bereich, die meine Cartoons kaufen, machen damit meistens Ausstellungen und

Cartoons für die Soziale Arbeit2023-12-29T17:26:10+01:00