Wie in der Ukraine ein Berufsverband für Soziale Arbeit entsteht
rebekka-sommer2022-12-19T08:53:45+01:00Ein Interview mit Gabriele Stark-Angermeier aus der FORUM sozial 3/2022 Wie in der Ukraine ein Berufsverband für Soziale Arbeit entsteht Gabriele Stark-Angermeier ist als Vertreterin des Deutschen Berufsverbands für Soziale Arbeit (DBSH) in die Ukraine gereist, um Impulse zu sammeln und zu geben: Was kann Soziale Arbeit in Kriegs- und Krisensituationen leisten? Manch eine (mediale) Gegenreaktion auf Putins Angriff wirkt auf Menschen aus sicheren westlichen Ländern fremd und irritierend – dient aber einer Kultur der Selbstermächtigung. Der internationale Austausch hilft, solche Mechanismen zu erkennen. »Entschuldigung, das ist bei uns normal!« Gabriele, Anfang September bist du in die Ukraine gereist. Wie kam es dazu? Gabriele Stark-Angermeier: Meine Sozialarbeiterkollegin Ana Radulescu ist Professorin in Rumänien und Präsidentin der International Federation of Social Workers (IFSW) für die Region Europa. Sie hat schon zu Beginn des Ukraine-Kriegs an der rumänisch-ukrainischen Grenze ein Netzwerk für Soziale Arbeit aufgebaut. Von hier aus berichtete Ana über die Fluchtsituation und darüber, was notwendig war, um die Hilfsorganisationen und die Polizei an den Grenzübergängen zu unterstützen. Diese Berichte waren der Auslöser für verschiedene IFSW-Mitglieder, vor Ort in der Ukraine ins Gespräch zu kommen. Soziale Arbeit wird künftig immer mehr ein Partner in der Rekonstruktion nach Krisen und Zerstörung sein. Es geht uns darum, von dem Know-how zu lernen, es in andere Regionen zu übertragen und uns auch als Profession weiterzuentwickeln. Wie arbeiten Sozialarbeiter*innen an den ukrainischen Grenzen mit Militär, Polizei und Katastrophenschutz zusammen? Gabriele Stark-Angermeier: Ana Radulescu hatte schon vor rund zwei Jahren das rumänische Militär bei NATO-Übungen im Beraterstab begleitet und Methoden eingebracht, wie man im Fall einer Krise mit Zivilbevölkerung umgeht. Diese Zusammenarbeit hat sie zu Beginn des Ukraine-Kriegs sehr schnell in die erste Reihe gebracht, um Koordinationsaufgaben zu übernehmen oder zu flankieren. So hat der rumänische Katastrophenschutz eng mit dem rumänischen Berufsverband kooperiert, um Soziale Arbeit im Grenzgebiet zu organisieren. An den nördlicheren Grenzübergängen der Ukraine haben sich auch polnische Sozialarbeiter*innen organisiert, dort geschieht das in Zusammenarbeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Was hast du an der ukrainischen Grenze gesehen? Gabriele Stark-Angermeier: Wir haben zuerst Siret besucht, das ist ein zentraler Grenzübergang zwischen Ukraine und Rumänien. Hier hörten wir Berichte darüber, wie der Transport von Hilfsgütern und die Fluchtroute über den Balkan und Österreich sowie zu uns nach Bayern organisiert wurde. Sozialarbeiter*innen haben Hilfszelte aufgebaut, um die Ukrainer*innen zu empfangen und versorgen. Darunter waren überwiegend Frauen mit Kindern. Es galt, Fragen zu klären: Wo können sie hinreisen? Was brauchen sie? Wie schützt man diese Frauen vor Zuhälterei und anderen Geschäften, während an den Grenzübergängen bereits Menschenhändler bereit stehen? Aus dieser Anfangssituation des Krieges entstand in Siret ein fester Stützpunkt mit Sozialarbeiter*innen und Dolmetscher*innen, die rund um die Uhr solche Fragen und Formalitäten klären. Fördermittel stellte erst der rumänische Staat zur Verfügung, später auch die EU, trotzdem wird hier sehr viel auch ehrenamtlich geleistet. Unterwegs zu dem Grenzübergang sahen wir auf der rumänischen Seite
Interviews gegenlesen? Wie du Ärger mit Journalist*innen vermeidest
rebekka-sommer2021-11-06T21:51:25+01:00Kann leichte Sprache schön sein, Anja Dworski?
rebekka-sommer2021-11-06T19:39:30+01:00Anja Dworski macht leichte Sprache beim Landesverband Lebenshilfe Sachsen e. V. Kann leichte Sprache schön sein, Anja Dworski? Leichte Sprache, einfache Sprache, verständliche Sprache: daran kommt heute in der Sozialen Arbeit keine*r mehr vorbei. Erst recht nicht, wer in sozialen Organisationen für PR oder Marketing zuständig ist. Die Texte in Flyern, Broschüren und auf Websites sollen für jeden verständlich sein. Anja Dworski arbeitet im Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Sachsen. Dort schreibt sie schwierige Sachtexte so um, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten, also mit einer geistigen Behinderung sie verstehen. Ihre Aufträge kommen von Ministerien, Museen, Ämtern und Organisationen. Kennengelernt habe ich Anja bei einer Fortbildung der Hamburg School of Ideas, die Werbetexter*innen aus- und weiterbildet – denn ursprünglich arbeitete sie in der Werbung, so wie ich. Bei dieser Fortbildung beeindruckte uns Anja alle mit einem außergewöhnlichen Text: Es war eine Einladung zur Vernissage einer modernen Künstlerin, die mit Strumpfhosen tanzt. Ein abstraktes Thema, in leichte Sprache übersetzt. Trotzdem war die Ansprache schön und kunstvoll, ganz anders, als man es von leichter Sprache kennt. Wie das gelingt, erzählt Anja Dworski selbst. 5 Fragen an eine Texterin für leichte Sprache Anja, du hat deinen „kreativen Job“ für einen „sozialen Job“ aufgegeben. Verbindest du die beiden Welten? Anders gefragt: Kann leichte Sprache auch kreativ, poetisch und inspirierend sein? Anja Dworski: Wenn es nach mir geht, definitiv ja! Aber ich glaube, mit der Meinung stehe ich ziemlich allein da.Die leichte Sprache hat viele Regeln. Wenn man sich strikt an alle hält, ist mir der Informationsfluss oft zu zäh. Und manche Regeln machen die Sprache einfach unschön. Deshalb hinterfrage ich sie manchmal. Was sind das für Regeln, die die Sprache „unschön“ machen? Anja Dworski: Zum Beispiel sollte man in leichter Sprache immer das gleiche Wort für eine Sache benutzen. Also: Wenn ich in einem Text einmal von „Medikament“ rede, dann soll ich das durchgehend tun und nicht mal „Arznei“ und mal „Tablette“ schreiben. Darum sind Texte in leichter Sprache oft nicht sehr abwechslungsreich. Eine andere Regel ist, dass man den Genitiv möglichst weglassen soll. Ich finde jedoch, man kann ihn mit Fingerspitzengefühl doch einsetzen! Alle meine Texte in leichter Sprache werden von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Genitiv sehr wohl verstanden wird. Wichtig ist, diese typische Amtssprache zu vermeiden: „Der Ausschuss des Wahlkreises des Landkreises hat beschlossen, dass …“ Solche Texte sind schwer zu verstehen. Wie gehst du vor, wenn du Texte in leichte Sprache übersetzt? Anja Dworski: Ich unterscheide erstmal zwei Arten von Texten: „schwierige Sachtexte“ und „kreative Texte“. Schwierige Sachtexte kommen zum Beispiel vom Justizministerium. Da ist es meine Aufgabe, die ursprünglichen Texte zu „entschlacken“. Ich gucke also ganz pragmatisch: Was könnte Otto Normalverbraucher an einem Thema wie „Vorsorgevollmachten“ interessieren? Was ist Vorsorge – und was muss ich dafür tun? Spitzfindigkeiten oder juristische Fachbegriffe lasse ich möglichst weg, denn
Bergneustädter Gespräche, neu gedacht
rebekka-sommer2021-10-26T22:14:08+02:00Hannes Wolf, ehrenamtlicher Vorsitzender des Berliner Landesverbands für Soziale Arbeit e. V. (DBSH) Bergneustädter Gespräche, neu gedacht Wer sich mit Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit auseinandersetzt, stößt schnell auf einen Literatur-Klassiker: Die »Bergneustädter Gespräche«, erschienen vor mehr als 50 Jahren. Damals kamen Expert*innen aus Sozialer Arbeit und Journalismus zusammen, um sich auszutauschen, Barrieren abzubauen und gemeinsam Leitlinien für eine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Sozialer Arbeit zu entwickeln. Auch Hannes Wolf kennt dieses Format: Der ehrenamtliche Vorsitzende des Berliner Landesverbands für Soziale Arbeit (DBSH) vermittelt oft zwischen Journalist*innen und Fachkräften der Sozialen Arbeit. Wir haben uns ausgetauscht: Was ist das Besondere und Reizvolle an diesem Format? Wie lässt es sich in die digitale Zukunft denken? Wer würde teilnehmen, wenn die Bergneustädter Gespräche heute stattfänden? Wären – neben Journalist*innen – auch Blogger*innen, Influencer*innen und Social Media-Expert*innen eingeladen? »Journalisten sagen: Das ist unser Job, gebt uns die Geschichten« Herr Wolf, bei den »Bergneustädter Gesprächen« vor 50 Jahren muss heiß diskutiert worden sein. Die Texte lesen sich, als wären zwei Fronten aufeinandergeprallt. Woher kommt eigentlich diese Skepsis von Sozialarbeiter*innen gegenüber »der Presse«? Hannes Wolf: Gute Frage, diese Skepsis begegnet mir auch. Gleichzeitig erlebe ich in der Sozialen Arbeit auch immer wieder eine gewisse Unbedarftheit, wenn es um Pressearbeit geht. Wir haben ja oft ein vorgefertigtes Bild gegenüber anderen Professionen. Und das kann sich nur ändern, wenn wir uns damit aktiv auseinandersetzen. Sie organisieren für den DBSH immer wieder Workshops, bei denen Journalist*innen und Sozialarbeitende zusammenkommen. Was hören Sie da, was ist sind die Hauptsorgen von Sozialarbeiter*innen, wenn es um Pressearbeit geht? Zum einen wird oft der rechtliche Rahmen thematisiert. In den Workshops tauchen Fragen auf wie: »Was darf ich überhaupt sagen, was erlaubt mein Arbeitgeber? Wozu bin ich befugt? Wieviel Kontrolle habe ich darüber, wie mein Input im Artikel schließlich dargestellt wird?« Das ist natürlich besonders für Sozialarbeiter*innen wichtig, die in Behörden arbeiten. Dort kann Pressearbeit als bedrohlich wahrgenommen werden, weil schließlich Wahlen dranhängen. Zweitens geht es oft darum, wie Klient*innen dargestellt werden. »Werden die Menschen als Opfer dargestellt? Wird emotionalisiert, dramatisiert?« Was ist Ihre Antwort? Ich ermutige die Kolleg*innen, nicht pauschal abzuwehren und zu sagen »Wir sprechen nicht mit der Presse«, aus Angst, etwas falsch zu machen. Sondern sich viel mehr der eigenen Rolle bewusst zu werden und einen professionellen Umgang zu versuchen. Wir müssen uns bewusst machen: Die Kommunikation ist im Journalismus einfach eine andere als in der Wissenschaft! In der Pressearbeit braucht es dieses Konkretwerden, Geschichten erzählen. Da sträubt man sich in der Sozialen Arbeit, weil wir in unserer Ausbildung gelernt haben, dass immer größere, strukturelle Probleme hinter den Herausforderungen von Einzelnen stehen, und wir tun uns schwer damit, persönliche Einzelschicksale zu erzählen. »Das kann man doch nicht verallgemeinern!«, heißt es dann. Damit ist die Soziale Arbeit aber nicht allein: Jede Profession steht in ihrer Kommunikation nach außen vor der Herausforderung, Komplexität zu reduzieren, ohne für das eigene
Oma Betty
rebekka-sommer2021-04-10T14:47:28+02:00Oma Betty - eine Erinnerung Vor fast zwei Jahren schrieb ich für die Zeitschrift Publik Forum ein »Sozialprotokoll« über meine Oma. In diesem Format kommen Menschen selbst zu Wort, die etwas Besonderes erlebt haben. Meine Oma floh nach dem Zweiten Weltkriege vor den russischen Soldaten und kam so von Pommern nach Süddeutschland – diese Geschichte habe ich oft gehört. Später hatte sie in ihrem Haus vier Mieter, die aus Syrien geflüchtet waren. Mit ihnen hatte sie viel gemeinsam: Die Liebe zum Gemüsegarten, zum Beispiel. Vor wenigen Tagen ist meine Oma gestorben. Eine Erinnerung: Oma Betty erzählt: »Man weiß im Leben nie, wie’s weiter geht. Wenn ich aus meinem Küchenfenster auf den Hof schaue, hat sich viel verändert. Da hinten steht noch der alte Brunnentrog von damals, als wir einzogen. Aber der Kirschbaum ist weg, und auch die Hasenställe. Viele Pflastersteine auf dem Hof habe ich im Lauf der Jahre selbst gesetzt. Vor zwanzig Jahren kam mir mitten in der Nacht die Idee, hinten am Haus anzubauen. Heute vermiete ich drei Wohnungen. Dass alle meine Mieter aus Syrien geflüchtet sind, ist eigentlich ein Zufall. Und irgendwie auch nicht. Dieser Hass gegenüber Flüchtlingen, den habe ich auch erlebt. Besonders hart war’s bei uns in Mecklenburg, wo wir nach unserer Ausweisung aus Pommern nach dem Krieg bei einem Bauern einquartiert wurden. Er ließ uns nicht einmal in seine Küche, obwohl er Deutscher war wie wir. Wir mussten unsere Kartoffeln im Zimmer im Heizofen backen. Wir wohnten zu fünft auf zwölf Quadratmetern: Mutti, meine drei kleinen Geschwister und ich. Meine großen Schwestern waren weg in den Westen. Vati war in polnischer Gefangenschaft, seit uns bei unserer ersten Flucht vor der Front die Russen eingeholt hatten. Unser russischer Zwangsarbeiter, der Alex, hatte sich dafür eingesetzt, dass er nicht erschossen wurde. Wir Kinder haben Alex geliebt und mit ihm herumgetobt, als wir noch auf unserem Bauernhof in Antonswalde lebten. Zwei meiner Mieter hatten auch Landwirtschaft in Syrien. Einer von ihnen pflanzt im Gemüsegarten Mini-Auberginen an, die Samen hat er aus der Heimat. Der kleine Junge, der jetzt über mir wohnt, ruft »Oma, Oma«, wenn er mich sieht. Kürzlich war er mit seiner Familie wochenlang verreist. Sie haben die Großeltern besucht, die in einem Nachbarland von Syrien leben. Ich habe mir Sorgen gemacht, weil sie so lange nicht zurückkamen. Die Mutter des jungen Studenten, der bei mir im Dachgeschoss wohnt, kenne ich. Sie lebt in Offenburg. So wie wir damals, als wir endlich die Genehmigung bekommen hatten, nach Süddeutschland zu ziehen. Das war im Jahr 1952. Ich war 19 Jahre alt und hatte ich mich wieder erholt von den Krankheiten der Reise: Gelbfieber, Rippenfell-, Lungen- und Hirnhautentzündung. Wir waren vier Tage lang in einem Kohlewaggon transportiert worden und ich streckte unterwegs immer den Kopf hinaus, weil ich in dem staubigen Wagen kaum Luft bekam. Durch den Luftzug muss ich mir die Krankheiten eingefangen haben. Auch die schlimmen Bilder im Kopf waren schwächer geworden. Ich hatte gesehen, was die
Was macht dich glücklich als Onlinetexter, Benjamin O’Daniel?
rebekka-sommer2021-11-06T22:21:42+01:00Benjamin O'Daniel, SEO-Experte und Onlinetexter »Ich bin Deutsch-Deutsch-Übersetzer« „Als Texter trägst doch irgendwie zur Verständigung der Menschheit bei“, sagt mal ein Kollege zu mir. Das hat mich zu einer Umfrage inspiriert: Warum texten Texter? Was macht sie glücklich an ihrem Job? Folge 3: Benjamin O'Daniel vom Content Performance Podcast. Benjamin, was macht dich glücklich als Onlinetexter? Benjamin O’Daniel: Ich sage immer, ich bin Deutsch-Deutsch-Übersetzer. Denn ich übersetze häufig Fachsprache in eine Sprache, die jeder auf den ersten Blick versteht. Häufig sind die User, die auf eine Website kommen nicht unbedingt die Experten. Wir arbeiten mit vielen B2B-Unternehmen zusammen. Ein Ingenieur spricht eine andere Sprache als ein Geschäftsführer oder eine Person aus dem Einkauf. Jeder will ganz andere Dinge wissen. Aber alle wollen die Informationen schnell und einfach aufnehmen. Dafür muss Content klar strukturiert und gut geschrieben sein. Für mich gibt es nichts Besseres, als frühmorgens zwei, drei Stunden konzentriert an einem Text zu arbeiten. Das macht mich zufrieden. Und wenn dann noch eine gute Reaktion kommt, ist es noch besser – denn das gehört dazu! Das Schöne im Online-Bereich ist: Content-Qualität ist messbar. Über das Google-Ranking, die Conversions, die Verweildauer und weitere Metriken. Texten ist für mich keine Kunst, sondern ein Handwerk. Angefangen habe ich ganz klassisch, als Praktikant in einer Lokalredaktion. Ich war 19 Jahre alt und hatte gerade den Zivildienst beendet. Ich habe die typischen lokalen Themen bearbeitet: Kirmes, Karneval, Kommunalpolitik. Später habe ich für die Ressorts Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gearbeitet und dann bei der gleichen Zeitung mein Volontariat absolviert. Ich war der erste Volontär dort, der eine Station in der Online-Redaktion absolviert hat. Anschließend bekam ich eine Redakteursstelle angeboten, entschied mich aber dazu, mich selbständig zu machen. Ich bin in die Onlinewelt eingetaucht, habe unter anderem bei einem Fachverlag eine Online-Redaktion aufgebaut und als Zweitstudium noch Onlinemarketing-Management studiert. Ich bin in zwei Welten zu Hause: Im Content und im Online Marketing. Heute ist das ja eine eigene Disziplin, Content Marketing. Vor fünf Jahren habe ich mich mit Fabian Jaeckert zusammengetan, den ich bereits aus dem Studium kenne. Wir zwei sind ein gutes Gespann: Er ist der „Tekkie“ von uns beiden, kennt sich in Tools und Werbesystemen aus. Als Suchmaschinenoptimierer und Webentwickler schaut er durch eine technische Brille auf jedes Projekt. Das zeigt sich zum Beispiel beim Messen von Content-Qualität. Dafür muss man sich mit verschiedenen Tools, mit Webanalyse tief auseinandersetzen. Ich als Texter habe einen sehr starken Fokus auf die User und entwickle ein Verständnis für die Kunden, die die Website besuchen. In der Suchmaschinenoptimierung geht es aus unserer Sicht darum, richtig guten Content für Besucher und Suchmaschinen zu erstellen. Wir nennen das High Performance Content. Das bedeutet für mich als Texter: sich in Keywords einzufühlen. Wie ist die Suchintention? Was wollen die Menschen erfahren? Welcher Stil, welches Format passt dazu? Wie argumentieren wir auf einer Website? In unserem Content Performance Podcast diskutieren wir regelmäßig diese beiden Blickwinkel.
Alle reden über Purpose, nur die Soziale Arbeit nicht
rebekka-sommer2021-10-26T22:15:34+02:00Hendrik Epe, Organisationsbegleiter Alle reden über Purpose, nur die Soziale Arbeit nicht 2019 war das Zeitalter der Sinnsuche ausgebrochen. Agenturen, Marketingleute, Startups, Traditionsunternehmen: plötzlich redeten alle über »Purpose«, den tieferen Sinn, dem Unternehmen folgen (sollen). Die Zeitschrift »Werben & Verkaufen« meldete die Gründung mehrerer »Purpose-Agenturen«. Und immer mehr Unternehmen verpflichten sich dem »Verantwortungseigentum« und machen sich unverkäuflich, um ihren Ursprungsgedanken nicht des Geldes Willen zu verlieren. Doch ein kleines gallisches Dorf widersetzt sich tapfer allen Sinnsuche-Buzzwords und schreibt sich »Purpose« nicht in dicken Lettern auf die Fahnen: die Soziale Arbeit. Und das, obwohl Sinnstiftung und menschliche Werte in ihrer DNA fest eingeschrieben sind. Hendrik Epe bloggt seit Jahren darüber, wie sich die Soziale Arbeit als Profession und soziale Organisationen als Arbeitgeber zeitgemäß verändern können, ohne ihre Kernwerte zu verlieren. Wir haben uns über »Purpose« in der Sozialen Arbeit unterhalten: Hendrik, du hast Soziale Arbeit studiert, bloggst aber über »New Work«, »digitale Transformation« und »Purpose«. Das sind Begriffe, die ich der Sozialen Arbeit gar nicht zuordnen würde, sondern eher der hippen Startup-Szene. Wie kommt es dazu, dass du diese beiden Welten verbindest? Hendrik Epe: Ich habe nach meinem Studium einige Zeit in der Jugendhilfe gearbeitet und dann zehn Jahre lang an Hochschulen Qualitätsicherung gemacht. Dabei stellte ich fest, dass „Qualitätssicherung“ wenig mit wirklicher Qualität zu tun hat, sondern dass es eigentlich nur darum geht, die Anforderungen der Zertifizierer zu erfüllen. Dann begann ich einen Masterstudiengang Sozialmanagement. Und plötzlich war ich damit beschäftigt, klassisch betriebswirtschaftliche Modelle auf soziale Organisationen zu übertragen. Wieder ging es um Qualitätsmanagement, Prozesskostenrechnung, Controlling und so weiter. Und irgendwann wurde in mir der Gedanke immer stärker: „Das kann doch alles keine gute Idee sein.“ Was hat dich daran gestört? Meine Vorstellung von Sozialer Arbeit war immer menschenzentriert, an den Bedarfen des Klientels orientiert. Aus Sicht des Sozialmanagements erschien Geld aber nicht mehr als Mittel zum Zweck, sondern als eigentlicher Zweck. In den Modellen, die uns da vermittelt wurden, ging es primär darum, Mittel zu generieren, auf die Finanzen zu gucken. Also hast du dich nach alternativen Theorien umgeschaut? Genau, ich fing an, mich mit alternativen Organisationslogiken zu beschäftigen. So bin ich unter anderem auf den ehemaligen Unternehmensberater und McKinsey-Partner Frédéric Laloux gestoßen, der in seinem inzwischen berühmten Buch “Reinventing Organisations” beschreibt, wie sinnstiftende Arbeit aussehen kann. All das, was Frédéric Laloux beschreibt, findet man inzwischen in den häufig als „neu“ bezeichneten alternativen Organisationsszenen. Dazu gehört die Arbeitskultur vieler Startups, der Versuch, „agiler“ zu werden undsoweiter. Das Ganze firmiert unter dem Themenkomplex „New Work“, obwohl der Soziologe Friethjof Bergmann, der den Begriff New Work bereits in den 1980er-Jahren geprägt hat, etwas völlig anderes gemeint hat als Organisationsentwicklung. Und auch viele etablierte, große Unternehmen setzen ja immer stärker darauf, den Wertekanon in ihrem Inneren transparent zu machen oder sich nach alternativen Prinzipien zu organisieren. Zum Beispiel? Ein bekanntes Beispiel ist die Drogerie-Kette dm, wo jede Filiale so selbstorganisiert ist, dass sie bis